Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder!
In Deutschland ist der Ton deutlich rauher geworden und dies ist nicht zuletzt eine Folge der zunehmend über das Internet geführten „Diskussionen“. In der vermeintlichen Anonymität des Netzes lassen sich manche Individuen zu Äußerungen hinreißen, die sie Auge in Auge kaum zu äußern wagten. Und wer sich dabei zu hart getroffen fühlt, dem steht es dann selbstverständlich frei, eine Strafanzeige zu erstatten.
Wie die politische Klasse auf Beleidigungen reagiert
Dieses Recht gilt selbstverständlich auch für Politiker jeglicher Couleur.
Und Deutschlands politische Klasse setzt sich hier tatsächlich immer häufiger mit dem Strafrecht zur Wehr, indem man Anzeigen erstattet.
Deutlich zu spüren bekam dies beispielsweise kürzlich ein Rentner aus Bayern, der Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in satirischer Absicht als „Schwachkopf“ bezeichnet hatte.
Habeck erstattete Strafanzeige, es kam zu einer Hausdurchsuchung. Dies führte zu erheblicher Aufregung, was Habeck veranlasste einzuräumen, dass es sich um einen „Grenzfall“ handele.
Baerbock und Scholz im Vergleich
Auf dem zweiten Platz unter den Bundesministern landete die grüne Außenministerin Annalena Baerbock mit mehr als 500 Strafanträgen im selben Zeitraum.
Bundeskanzler Olaf Scholz stellte keinen Strafantrag, obwohl auch er sicher zahlreichen Anfeindungen ausgesetzt ist.
Scholz handelt damit im selben Geist wie der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl, der während seiner Amtszeit zahlreichen Schmähungen ausgesetzt war. Dennoch vertrat er den Standpunkt, dass man in einer herausgehobenen Position auch schwere Anfeindungen einfach aushalten müsse.
Neue Strategie: Politiker gegen Online-Kritik
Die heutige Politikergeneration sieht dies anders. Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann erlangte Bekanntheit durch ihr offensives Vorgehen gegen Kritiker.
Habeck beauftragte nach seiner Amtsübernahme eine Agentur, das Internet auf strafwürdige Inhalte hin zu überwachen.
Wahrscheinlich glauben Habeck, Baerbock und Strack-Zimmermann, dass sie durch die vielen Anzeigen nicht nur ihre persönliche Ehre, sondern auch die Demokratie schützen. Die tatsächliche Gefahr für die Demokratie besteht jedoch nicht – die Unzufriedenheit richtet sich eher gegen die Arbeit der aktuellen Politiker.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Beleidigung von Politikern härter bestraft wird als die von „normalen“ Menschen, was den Eindruck einer Zwei-Klassen-Justiz verstärkt.
Herzlichst Ihr
Thomas Brügmann